schleierstein reichenbach semmelstein - johannihut reichenbach andere seite

Unterwellenborn, OT Reichenbach, Lkr. Saalfeld-Rudolstadt, A: ca. 1 km nordöstlich des Ortes in der Saalfelder Heide am sog. Schusterstieg, bei dessen Einm. in den alten Ortsverbindungsweg Weißen-Birkigt (bei Bushaltestelle am östl. Ortsrand von Reichenbach Waldweg nach Norden folgen von der L 1107) ‘Schleier- oder Schlierstein’

Obertägige Maße: Höhe 1,06, Br. 0,42, T. 0,18, die in ihrer oberen Hälfte wohl durch Auswitterung beinträchtigte Kreuzsteinplatte aus Sandstein zeigt auf der Vorderseite bzw. Ansichtsseite über die gesamte Fläche ein griechisches Kreuz auf vertiefter, mit Rillung gerahmter Kreisfläche, das auf breitrillig eingehauener Schaftkontur sitzt; links des Schaftes ein auf der Spitze stehendes Schwert mit gerader Parierstange; Rückseite angeblich nur grob zugehauen (Verf.)  

das Denkmal wurde vor 1944 von Mitgliedern des Thüringerwald-Zweigvereins Pößneck neu aufgestellt; der Volksmund spricht von einem Nonnengrab (Lit. R. Künstler) oder auch Zigeunergrab (Lit. H. Deubler-R. Künstler-G. Ost, Steinerne Flurdenkmale in Ostthühringen, Gera 1978)

Quellangaben: Lit.: 1. Frank Störzner, Steinkreuze in Thüringen, Katalog Bezirke Gera-Suhl, Weimar 1988, S. 74, Nr. 121 m. Abb. 151 (Kopie), daraus: 2. E. Koch, Hangeiche bei Saalfeld - ausgewählte Aufsätze zur Saalfelder Geschichte, Saalfeld 1933 (Saalf. Weihnachtsbüchlein 80), S. 31, 3. R. Drechsel, Sagen und alte Geschichten aus dem Orlagau, Wernburg 1934, S. 139, 4. R. Funke, Postmeilensäulen, Denk- u. Grenzsteine, Pößneck 1944 m. Abb, 5. R. Künstler, Zwei rätselhafte Kreuzsteine der Saalfelder Heide, Saalfeld 1960, S. 186-190 (SH-H. Dez. 1960), 6. Walter Saal, Zur Entwicklung der mitteldeutschen Steinkreuze, Bl. für Wissensch. u. Techn. 41, Berlin 1967, S. 140143 u. Der Sammelstein bei Reichenbach, Kr. Saalfeld (AF 13-5) Berlin 1968, S. 272-275 u. Grabungen am Sammelstein, Das Denkm aus der Zeit um 1300 hat nichts mit einem Grab zu tun, TNN 18-8, Weimar 10. 1. 1968 u. Der Sammelstein bei Reichenbach in der Rudolstädter Heide (RHH 15-1/2, Rudolstadt 1969, S. 33-39, 7. W. Dietzel, Steinerne Flurdenkmale des Kreises Saalfeld, VW-Ausg. Saalf. 31, 1982, 13

8. F. Störzner, Der Schleierstein am Schusterstieg, in: Thür. Allgemeine (TA), Aufsatz v. 16. Juli 2016 (Kopie)

kopie ta v. f. stoerzner v. 16.7.2016

Reichenbach B: ca. 2 km nordöstl. des Ortes, 80 m nördl. des sog. Schusterstieg weglos im Wald, 300 m nordnordwestl. der Wegekreuzung Birkigt-Weißen / Langenschade-Friedebach, ‘Semmelstein oder Johannihut’ (mundartl. ‘Sammelstein’ 

Obertägige Maße: Höhe 1,55 m, Br. 0,65, T. 0,20, die Kreuzsteinplatte aus grauem Buntsandstein mit beschädigtem ostseitigen Rand zeigt auf der Nordseite, nach W. Saal die Vorder- bzw. Hauptseite, erhaben ein lat. Balkenkreuz im Relief (0,02) über die gesamte Fläche - im Grunde die klassische Darstellung eines Kreuzsteines (Verf.); rechts des Schaftes mehrere schräg-horizontal verlaufende Wetzrillen; die Südseite, Rückseite, ebenfalls im Relief ein Wappenschild (H. 0,79, Br. 0,47) mit zwei linear eingetieften, sich an den Ecken berührenden Rauten (H. 0,60, Br. 0,20), wobei es sich angeblich um das Wappen derer von Könitz handelt, deren Stammsitz ca. 5 km südl. des Standortes lag

Lit. V. Lommer, 1888: ‘Sammelstein’ (mundartl.) ursprüngl. ‘Semmelstein’; ‘Dietzel, 1980/1985 weist überzeugend nach, dass die Namensform ‘Semmelstein’ in unmittelbarem Zusammenhang mit den Rauten im Wappenschild auf dem Denkmal steht. Diese werden auch als ‘Wecken’ in Anlehnung an das Weizenbrötchen bezeichnet, für das im thüring. Sprachraum auch die Bezeichnung ‘Semmel’ verwendet wird. Mundartlich wurde ‘Semmel’ zu ‘Sammel’’ (Textauszug Lit. F. Störzner, 1988)

W. Dietzels Auslegung kann sich ausschliesslich nur auf die volkstümliche Deutung beziehen, hinsichtich der Form der Rauten (Wecken), aus der die Bezeichnung ‘Semmel...’ resultiert, denn die heraldische Begriffserklärung ‘Raute-Wecke’ hat mit einem Backwerk nichts zu tun (Verf.) 

‘Wecken’ Zunächst ist festzuhalten, dass dieser Begriff ein gemeingermanisches Wort mit der Grundform ‘wagja/wegja’ in der Bedeutung ‘Keil (als Werkzeug)’ darstellt. Im Althochdeutschen hieß es ‘wekki’ u. ä., mittelhochdeutsch ‘wecke, wegge’; englisch wedge, norwegisch vegg. Das ‘ck’ im mhd. wecke ist aus ‘gg’ entstanden, wobei sich diese Schreibung im Oberdeutschen, insbesondere im Alemannischen erhielt. Wecke (f.) wird später zu ‘weck’ verkürzt, aber auch zu ‘wecken’ erweitert (beide m.).
Die ursprüngliche Bedeutung ‘Keil’ kommt jetzt noch in den oberdeutschen Mundarten von Elsasz und der Schweiz bis Steiermark vor. Dieses Werkzeug benutzt man insbesondere beim Spalten von Holz.
Die weiteste Verbreitung hat Weck als Bezeichnung eines Backwerks gefunden, wobei man hier von der Form ausgeht: Weck ist zunächst ein Brot aus Weizenmehl in Keilform, länglich-rund mit zwei Spitzen. Der Ausdruck reicht weit zurück, da er allen westgermanischen Sprachen gemeinsam ist, er kommt außer in Deutschland und den Niederlanden auch in England vor. Um 1300 war das Wort ‘weck’ sowohl in Ober- wie in Niederdeutschland zu Hause. Aus dem Braunschweiger Urkundenbuch: ‘besonders steht weck neben semmel, oft ganz gleichbedeutend gebraucht’. Mit der Zeit ist in Norddeutschland der Gebrauch von ‘Weck’ stark zurückgegangen, das ‘Brötchen’ hat ihn hauptsächlich verdrängt. Weck ist noch im Hessischen, Pfälzischen und an der Mosel zuhause, Wecken im Rheinfränkischen, Schwäbischen und Alemannischen, Wecken als Brotlaib in Bayern und Österreich. (Quelle: Textauszug Stuttgarter Nachrichten vom 4. 2. 2013, Aufsatz von Roland Groner, ...stn.de)

Wecke (Heraldik)

Eine Wecke (auch Wachel, Wackel oder Kärtchen) bezeichnet in der Heraldik eine Raute, die etwas schlanker als ein Quadrat ist. Geweckt bezeichnet ein Muster aus gleich großen und gleich gerichteten Wecken. Wecke (meist im Plural: Wecken) ist eine mehr oder minder unbestimmte Wappenfigur, die in der heraldischen Literatur nicht einheitlich, teilweise sogar widersprüchlich definiert wird. Teils wird die Figur als Raute beschrieben, teils als Spindel, teils als eine Form, deren Gestalt zwischen Raute und Spindel liegt. Gebräuchliche Deskriptionen für eine Wecke sind:
eine länglichen Raute, die mit zwei stumpfen und zwei spitzen Winkeln dargestellt wird.
eine Spindel beziehungsweise ein schiefwinkeliges Parallelogramm mit gleichen Seiten, das eine schlangere Gestalt als eine Raute besitzt
eine Figur, die etwas schlanger und länger als eine kurze und gedrungene Raute ist, aber nicht so sehr schmal und langgezogen wie die Spindel erscheint.                   (Quelle: ...wikipedia.org-wiki-Wecke (Heraldik)

in der Annahme, der Stein bezeichne ein Grab bzw. Bestattung, führte Walter Saal, Merseburg, (Heimatkundler, Bodendenkmalpfleger) im Oktober 1967 eine planmäßige Grabung durch, die jedoch keinerlei diesbezügl. Funde zutage brachte; dabei ermittelte W. Saal ein Gesamtgewicht des Kreuzsteines von ca. 0,8 Tonnen und weiter erwies es sich, dass der Stein nie versetzt wurde

aus diverser Literatur gehen nachstehende Deutungen und Überlieferungen hervor: R. Drechsler, 1934: ‘Hier sollen sich die alten Heiden in der letzten Zeit ihres Bestehens versammelt und einen Götzen verehrt haben ... auch wird erzählt, dass hier eine Sammelstelle war für die Soldaten im Kriege’; E. Franke, 1928: ‘Es steht geschichtlich fest, dass dieser Stein von der Familie von Könitz zur Erinnerung an die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges errichtet worden ist. Vorher stand an der Stelle ein Sühnekreuz’ (F. Störzner: ‘das ist unhaltbar ! - aufgrund denkmalkundlich-vergleichender und heraldisch Überlegungen datiert W. Saal den Kreuzstein um die Wende des 13. zum 14. Jh.); W. Saal, 1969: ‘Wir dürfen in dem Stein kein Sühnemal sehen, sondern ein Erinnerungsmal an einen Unglücksfall, wobei der Schild die Rolle des späteren Totenschildes vorwegnimmt’; R. Künstler, 1960, verweist auf die Nähe einer alten Gerichtsstätte (Hangeiche); W. Dietzel, 1980, stellt die Grenzlage des Standortes heraus, mit der die Gerichtshoheit möglicherweise der Herren von Könitz gegenüber der klösterlichen Gerichtsbarkeit dokumentiert worden sein könnte (Gerichtsgrenze)

Quellangaben: Lit.: 1. F. Störzner, 1988 s.o. S. 73-74, Nr. 120 m. Abb. 152/153 (Kopien), daraus: 2. R. Eisel, Sagenbuch des Voigtlandes, Gera 1871, S. 394, 3. V. Lommer, Flurnamen im Amtsbezirk Kahla, Kahla 1888, S. 152, 4. H. Oertel, Die alten Steinkreuze, Beil. Neustädter Kreisbote 3, Neust./Orla 1927, S. 35, 5. E. Franke, Sühnekreuze in der Umgebung Rudolstadt, Schwarzb. Bote 7, Rudolstadt 1928, 6. E. Koch, 1933 s.o. S. 30-32, 7. R. Drechsel, 1934 s.o. S. 138-139, 8. R. Funke, 1944 s.o. m. Abb., 9. H. Deubler, Sagen aus der Heide, Rudolst. Heimathefte, Rudolst. 1955, S. 267, 10. Heinz Köber, Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, Erfurt 1960, S. 60, Nr. 389, 11. R. Künstler 1960 s.o. S. 186-190, 12. W. Saal, 1967 s.o. S. 142, 13. W. Dietzel, Der Sammelstein, Rudolst. Heimatbl. 26, Rudolst. 1980, S. 79-82 u. 1985, Zur Namensdeutung ‘Sammelstein’, s.o. 31, S. 40-41, 14. Kallies, 1983, S. 178

Internet: 1. ...stn.de-Aufsatz v. Roland Groner, in: Stuttgarter Nachrichten v. 4. 2. 2013, 2. ...wikipedia.org-wiki-Wecke (Heraldik), 3. ...wikipedia.org-wiki-Könitz (Adelsgeschlecht) - Wappen

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