rubenowstein greifswald
kopie rekonstruktion hinweistafel
postament rubenowstein

Greifswald, Lkr. Vorpommern-Greifswald, Vorhalle St. Marienkirche, ‘Rubenowstein’

Maße: Höhe ges. 2,70 m, Br. 0,90, T. 0,20 (Postamenthöhe 0,98) der Denkstein aus Sandstein für den am 31. Dezember 1462 ermordeten Bürgermeister und Universitätsgründer der Stadt Greifswald HEINRICH RUBENOW besteht  heute aus zwei Teilen - das rechteckige Original mit kunstvoll eingearbeiteten Darstellungen und Inschriften sowie das Unterteil späterer Zeit mit Inschrift; ursprünglich befand sich das Denkmal an der Grabstätte Rubenows im Franziskanerkloster, oder auch Graues Kloster genannt, worauf im Jahre 1702 die Umsetzung an den heutigen Standort in der Kirche St. Marien erfolgte; im oberen Drittel der Sandsteinplatte das Himmliche Jerusalem darunter eine Kreuzigungsszene; rechts des Gekreuzigten die vor Schmerz zusammengesunkene Maria in den Armen Johannes, wobei Jesus in den Spruchbändern zu ihnen spricht: ‘Ecce mater tua  - Mulier ecce filius tuus.’ (siehe, das ist deine Mutter. - Weib, siehe, das ist dein Sohn. Joh. 19,27.26) zur Linken kniend Rubenow mit den Spruchbändern: ‘Occisi temere deus alme mei miserere Ignoscendo meis qui pupugere reis.’ (Gnädiger Gott, erbarme dich meiner, des grundlos Getöteten. Vergebend den Schuldigen, die mich erschlugen.)

unter dem Kreuz Rubenows Wappen - zwischen Weinblättern ein schräger Balken, auf dem drei springende Windspiele mit goldenen Halsbändern; darunter folgt eine nieder-deutsche Inschift in fünf Zeilen: ‘Uppe nyen jares aven / de des lesten daghes des iars / der bord Christi MCDLXII wart sla / ghen her Hinrik Rubenow doctor in / beiden regten unde borghemeister hyr.’ (Auf Neujahrsabend, am letzten Tage des Jahres der Geburt Christi 1462, ward erschlagen Herr Heinrich Rubenow, Doktor beider Rechte und Bürgermeister hier.)                               

HEINRICH RUBENOW, von Prof. Dr. G. FOUQUET, Christian-Albrecht-Universität Kiel: Mit dem Namen des Heinrich Rubenow verbindet sich wohl der größte Skandal Greifswalds im 15. Jahrhundert, wahrscheinlich sogar in der gesamten mittelalterlichen Geschichte der Stadt. Deswegen will ich Ihnen diese Historie nicht vorenthalten, zumal sich mit dem Namen Heinrich Rubenow die Gründung der Universität Greifswald im Jahre 1456 verbindet.
Heinrich Rubenow war um die Mitte des 15. Jahrhunderts der weitaus reichste Mann Greifswalds. Seine Vorfahren dürften um 1300 eingewandert sein. Sie gehörten damit zwar nicht zu den Gründungsgeschlechtern der Stadt, aber zu den alteingesessenen, bald auch zu den führenden Familien. Schon der Großvater Heinrichs war Bürgermeister in Greifswald gewesen, als Gelehrter hatte er die Universitäten besucht. Der Urgroßvater führte den Magistergrad und wurde gelegentlich als “clericus” bezeichnet. Er hatte also offenbar die niederen Weihen, war jedoch verheiratet und repräsentierte damit eine Lebensform, wie sie uns anhand zahlreicher städtischer Gelehrtenfamilien im spätmittelalterlichen Reich begegnet.
Bei den Rubenow in Greifswald hatte sich offensichtlich im Hinblick auf die Verbindung von Gelehrtenexistenz und ererbtem Führungsanspruch in der Stadt eine Tradition ausgebildet. Nicht nur der Urgroßvater und der Großvater des Heinrich Rubenow waren Gelehrte gewesen. Heinrich Rubenow war vielmehr selbst hochgebildet und zugleich Bürgermeister Greifswalds. Rubenow war Autor theologischer Texte, Doktor in beiden Rechten, Rechtsprofessor an der Greifswalder Universität und deren erster Rektor. Er hatte 1456 aber auch die Universität selbst gegründet. Der pommersche Herzog Wratislaw IX., auf dessen Namen die Gründungsprivilegien lauteten, spielte dabei die Rolle eines Strohmannes, nötig allein deshalb, weil er nun einmal der Stadtherr von Greifswald war. Der eigentliche Gründer und nicht zuletzt der Finanzier der Universität dagegen war Heinrich Rubenow. Er stellte der jungen Universität viele Tausend Mark “to enem ewigen brutschate” zur Verfügung, darunter allein Bücher im Wert von mehr als 1000 fl rh. Selbst an der Errichtung der Stiftskirche zu St. Nicolai war Rubenow beteiligt: sechs von den 28 Klerikerpfründen waren von ihm fundiert und mit entsprechendem Gut ausgestattet worden. So heißt es über Rubenow mit Recht in den Rektoratsannalen: “primus plantator, erector et fundator”. Und auch sonst hat Heinrich Rubenow dafür gesorgt, daß diese Tatsache in den Gründungsurkunden der Hochschule, in ihren Siegeln und in einem höchst ungewöhnlichen, in der Malerei des 15. Jahrhunderts beispiellosen Gruppenbild festgehalten worden ist. Da wurde der ca. 60-jährige Heinrich Rubenow sozusagen auf dem Zenit seines Ansehens und seiner Macht in der Stadt am 31. Dezember 1462 von zwei Greifswalder Bürgern auf dem Rathaus wie ein Hund mit dem Beil erschlagen.
Warum dies? Was waren die Motive der Täter? Hartmut Boockmann hat Heinrich Rubenow 1983 in einem wegweisenden Aufsatz unter die sogenannten ‚Stadt-Tyrannen‘ gerechnet, unter Männer wie den Rothenburger Heinrich Topler, den Nürnberger Niklas Muffel und den Augsburger Peter Egen, die innerhalb der Stadt zu mächtig geworden waren, die innerhalb ihrer eigenen sozialen Gruppe – der politischen Führungsschicht – gegen die Regeln der Gemäßheit, gegen die Formen oligarchischer Gleichheit verstießen, die Gruppe polarisierten, sogar spalteten und damit die Herrschaft der Ratsoligarchie insgesamt in Frage stellten. Johann Hertze, der Verfasser der Lübecker Ratschronik, hat dies sehr hellsichtig gesehen. Er schreibt zu dem ungeheuren Skandal, der selbstverständlich auch im entfernten Lübeck Tagesgespräch war und von den dortigen Ratsgruppen fein registriert worden ist: Heinrich Rubenow hatte “vele bedrives”, “viele Tätigkeiten in dem Regiment an sich gezogen, mehr als sonst ein Bürgermeister. Deswegen wurden ihm die anderen Bürgermeister gehässig (feindlich) und konnten ihn nicht gut leiden. Also trug es sich am Neujahrsabend zu, daß die Bürgermeister auf dem Rathaus oder in der Schreibstube zusammenkommen sollten. Da war Rubenow der erste, der dorthin kam, und fand da niemanden an. Da kamen dahin sogleich zwei böse Buben. Der eine blieb vor der Tür stehen, daß niemand hinein ginge. Und der andere ging zu dem Bürgermeister, so als ob er bei ihm was zu schaffen hätte. Als er zu ihm kam, da zog er eine Axt heraus, die er unter seinem Mantel verborgen hatte, und spaltete dem Bürgermeister den Schädel und schlug ihn tot. (...) Viele Leute erzählten sich, jene Tat wäre den Mördern angetragen worden; etliche aus dem Rat hätten die Tat wohl in Auftrag gegeben. Was daran ist, ist allein Gott bekannt.”
Die böse Tat hatte Folgen. Anfang April 1463 scheint die Situation in der Stadt unerträglich geworden zu sein. Die führenden Kreise des Greifswalder Rates, schreibt der Lübecker Ratschronist, fürchteten sich, man hatte Angst vor den vielen einflußreichen Freunden des Ermordeten in der Stadt. So holte man den Stadtherrn Herzog Erich von Pommern nach Greifswald. Dem brauchte man dies nicht zweimal zu sagen. Die Stadtherren warteten im 15. Jahrhundert nur darauf, Einfluß in städtischen Gemeinwesen auszuüben, die sich ihnen de facto weitgehend entzogen hatten. Und so kam der Herzog mit 300 Berittenen, die sich vor die Stadt legten. Vierzig von ihnen durften auch die Stadttore passieren. Sie besetzten das Rathaus. Das war schon ein eindrucksvolles Machtschauspiel. Man rief den gesamten Rat auf dem Rathaus zusammen und zwang die Ratsherren dazu, dem Herzog zu huldigen und zu schwören, daß sie ihm treu ergeben sein sollten. Danach ließ der Pommern-Herzog alle Verwandte und Freunde des ermordeten Heinrich Rubenow vor sich bringen und befahl ihnen, daß zehn von ihnen Greifswald verlassen und sich in andere Städte begeben sollten. Sie wurden also verbannt, die nach der Todesstrafe härteste Strafe, die innerhalb einer Stadt verhängt werden konnte. Da, schreibt der Lübecker Ratschronist, “frugen die guten Leute (also die Patrizier), aus welchem Grunde seine Gnade sie aus der Stadt wiese und womit sie das verdient hätten.” Der Herzog gab ihnen eine bemerkenswerte Antwort. Sie hätten sich zwar nichts zuschulden kommen lassen, aber er befürchte, wenn sie in Greifswald blieben, inszenierten sie einen Aufstand gegen den Rat. Und der Lübecker Ratschronist schreibt: “Da antworteten die guten Leute: ‚Gnädiger Herr, nachdem wir dies nicht verdient hätten, so denken wir nicht daran, die Stadt zu räumen. Wir wollen bleiben auf unserem Gut und Erbe so lange, bis daß Euer Gnade uns einen redlichen Grund nennten, womit wir das verdient hätten‘.”
So blieb die Sache unentschieden bis um den 10. August 1463. Da erschienen die beiden immer noch freien Mörder des Heinrich Rubenow vor dem Rat und bezichtigten die Bürgermeister Dietrich Lange und Claus van der Osten der Mitwisserschaft an dem Mord. Ja, die Bürgermeister hätten sie zu der bösen Tat angestiftet und ihnen Straffreiheit zugesichert. Quitt und frei sollten sie die Stadt verlassen können. Da ließen die beiden Bürgermeister die Bürgergemeinde aufbieten und begehrten von der Gemeinde, daß sie den beiden Mördern freies Geleit geben sollte. Denn was sie getan hätten, das hätten sie zum Besten der Stadt getan, weil Heinrich Rubenow die Stadt verraten wollte. Das wüßte die Gemeinde wohl. Deswegen habe man Rubenow totgeschlagen. Als dies die Gemeinde hörte, und zitiert wird immer noch die entfernte und damit einigermaßen neutrale Lübecker Ratschronik, da wußte sie wohl, daß dem so nicht war. “Und alle riefen, sie wollten keine Vollmacht dafür geben, den Mördern freies Geleit zu geben. Da wurden die beiden Bürgermeister böse, und etliche von der Gemeinde und auch viele aus dem Rat, die sich der Sache widersetzten, begannen, ihnen zu drohen, sie wollten sich dies merken.”
Dabei blieb es zunächst. Die nächsten beiden Wochen waren von Gerüchten in der Stadt gekennzeichnet, Geflüster hörte man auf den Gassen, daß etliche aus dem Rat und der Gemeinde gewarnt worden seien, die beiden Bürgermeister wollten 14 von Rubenows Freunden ergreifen und köpfen lassen. Da ließ Henning Hennings, Ratsherr und Schwager Rubenows, die Gemeinde einrufen. Und als die Bürgergemeinde den “bösen Anschlag” vernahm, war ihre überwiegende Meinung, daß es besser wäre, es stürben zwei Bürgermeister, als daß die anderen guten Leute unverschuldet zu Tode kämen. So wurden die beiden Bürgermeister Dietrich Lange und Claus van der Osten hingerichtet und auf das Rad gesetzt. Denn, so die Lübecker Ratschronik, “sie hatten den ehrbaren Mann, Heinrich Rubenow verraten und ermordet durch ihren bösen Rat.” Was mit den beiden eigentlichen Mördern geschah, verschweigen die Quellen.
Ich selbst habe Ihnen auch die ganze Vorgeschichte verschwiegen, das ist schlicht zu weitläufig und zu kompliziert an dieser Stelle zu erklären. Denn es ging nicht nur um den zu mächtig gewordenen Bürgermeister Heinrich Rubenow. Auch innerhalb des Rates gab es feindliche Fraktionen, es gab das soziale Netz Rubenows und die Gruppierungen seiner Gegner. Deren wichtiger Exponent hieß Nicolaus van der Osten, 1461 aus dem Rat verbannt und ein Verwandter des 1463 hingerichteten Bürgermeisters Claus van der Osten. Nur dies zur eigentlichen Sozialgeschichte der unerhörten Kriminalstory.
Quellen und Literatur
Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. XXX: Lübeck, Bd. IV, Leipzig 1910.
Hartmut Boockmann, Spätmittelalterliche deutsche Stadt-Tyrannen, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 119 (1983), S. 73-91.

Quellangaben: Lit.: Internet: 1. ...wikipedia.org-wiki-Heinrich Rubenow, 2. ...mv-trip.de-rubenow-stein-greifswald, 3. ...der-greifswalder.de- Maerchen-Geschichten

c. 2008  www.kreuzstein.eu